Mittwoch, 24. Juni 2009

Der hausgemachte Terror


Spiegel Online, das investigative ehemalige Nachrichtenmagazin, wartet wieder einmal mit einer Sensation auf:



Ein Mitglied einer der al-Quaida nahestehenden "Terrororganisation", die als Toronto 18 bezeichnet wird, sagte nach diesem Bericht vor Gericht aus, dass eine Gruppe von 18 Muslimen - darunter 4 Jugendliche -, die in einer spektakulären Polizeiaktion mit über 400 Sicherheitsbeamten im Juni 2003 verhaftet wurden, Bombenanschläge auf öffentliche Einrichtungen und Regierungsgebäude in Kanada plante. Dazu sollten 3 Tonnen Ammoniumnitrat verwendet werden, also dreimal so viel, wie bei dem Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City dazu führte, dass 168 Menschen um's Leben kamen. Die Gruppe soll den Anschlag angeblich für den 11. September 2006 geplant haben, um so die kanadische Regierung zu veranlassen, ihre Truppen aus Afghanistan zurückzuziehen. Nach Angaben der Behörden haben sich die Mitglieder der Toronto 18 auf das Attentat in einem Terroristen-Ausbildungscamp auf kanadischem Boden vorbereitet.

Die Geschichte kommt einem bekannt vor und scheint wieder einmal zu bestätigen, dass zum einen die al-Quaida überall auf der Welt aktiv ist und zum anderen die Sicherheitsbehörden einen prima Job machen, um die Bürger vor solchen terroristischen Anschlägen zu schützen - wenn, ja wenn da nicht die zahlreichen Ungereimtheiten wären. Über die der SPON natürlich nicht berichtet, denn Recherchen wären ja aufwendig und in der heutigen Zeit, wo eine "al-Quaida"-Sensation die nächste jagt, da haben unsere "Qualitätsjournalisten" keine Muse, Agenturmeldungen auch einmal nachzuprüfen. Oder zu hinterfragen, was denn al-Quaida tatsächlich ist. Wo kämen wir denn da hin!

Diese Ungereimtheiten fangen dabei nicht erst mit den widersprüchlichen Artikeln des SPON zur Verhaftung der 17 Toronoto 18-Mitglieder an, die mal zwischen 19 und 43, dann wieder zwischen 17 und 45, ein anderes Mal zwischen 15 und 41 Jahre alt sind, sondern schon lange vorher, nämlich im Jahre 2003, als in Kanada 23 Pakistani ebenfalls wegen Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung inhaftiert wurden. Die Presse überschlug sich mit Sensationsmeldungen und
der kanadische Geheimdienst CSIS erhielt auch prompt die notwendigen Budgets genehmigt, die er für den "Kampf gegen den Terror" beantragt hatte. Einziges Problem bei der Geschichte war: Man konnte den 23 Pakistani vor Gericht absolut nichts nachweisen, so dass alle 23 Angeklagten freigesprochen wurden. Gleichwohl wurden die angeblichen Terroristen des Landes verwiesen und nach Pakistan abgeschoben.

Was macht nun ein Geheimdienst im "Kampf gegen den Terror", wenn ihm die Terroristen abhanden kommen? Genau, er sucht sich neue. Und das ging im Fall der Toronto 18 so: Man hielt Ausschau nach einem passenden Kandidaten, der aufgrund seiner Tätigkeit im Militär eine Security-Freigabe für das Führen von Waffen besitzt, keine Skrupel kennt und weiss, was es heisst, dem Staat zu dienen. Diesen schleust man in die vermutete Terrorszene ein, um so an Informationen und letztendlich zu Verhaftungen zu kommen. Es fand sich ein Herr MUBIN SHAIKH, Sohn indischer Einwanderer, der sich jedoch völlig ungeplant nach der Verhaftung der Toronto 18 an die Öffentlichkeit wandte und stolz darüber berichtete, wie er monatelang dem CSIS und der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) dabei half, einen Terroranschlag gewaltigen Ausmaßes zu verhindern.

Über Nacht zum Helden geworden verblasste sein Ruhm allerdings zusehends, als sich herausstellte, dass er einen für Muslime recht untypischen Lebensstil pflegte, ein ausschweifendes Leben führte und - nach eigenem Bekunden (siehe Video unten) - Drogen konsumierte (Zitat Shaik: "ich nahm alles mögliche, angefangen von Mushrooms über LSD bis hin zu Kokain, einfach alles"). Journalisten fanden heraus, dass er im Vorjahr wegen sexueller Belästigung zweier 12jähriger Schülerinnen angeklagt war und vom CSIS 370.000 $ als "Honorar" für seine Spitzeltätigkeiten in der "Terrorszene" erhielt.


Aber Shaikh war nicht der einzige Agent provocateur, den die CSIS und die RCMP verflichteten: Ein bis heute anonymer, aus Ägypten stammender Spitzel der RCMP aus Mississauga (Ontario) sollte einigen Verdächtigen der Toronto 18 dabei helfen, das Ammoniumnitrat für den Anschlag zu beschaffen. Das Nachrichtenportal
Maclean’s berichtete bereits vor einem Jahr, dass dieser Anonymous 15 Mio. $ verlangte, was die RCMP allerdings ablehnte. Man einigte sich schließlich auf 4,1 Mio. $ und eine neue Identität im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms.

Die Bürgerrechtsaktivisten des Presumption of Innocence Project, die diesen Fall seit 2006 beobachten, fanden dann heraus, dass die der Mitgliedschaft in der Toronto 18 beschuldigten Muslime keineswegs die homogene Gruppe sind als die sie in der Presse dargestellt werden, sondern in einigen Fällen nur den Besuch der selben Moschee und in anderen Fällen den Besuch der selben Schule gemeinsam hatten, darüberhinaus aber keine Verbindungen bestanden, die eine Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation begründen würden.

Die "Terrorcamps auf kanadischem Boden" waren mutmaßlich Paintball-Spiele, welche Shaikh für einige Teilnehmer organisierte. Ein Sack mit 30kg Ammoniumnitrat, der von der RCMP bei den Verhaftungen als "Beweismittel" präsentiert worden war, wurde - wie die Behörden später einräumten - nicht bei Hausdurchsuchungen der Verdächtigen gefunden, sondern diente lediglich als "Anschauungsmaterial" auf der Pressekonferenz. Die bis heute Inhaftierten beteuern auch weiterhin ihre Unschuld und den Behörden fällt es schwer, stichhaltige Beweise für ihre Thesen zu präsentieren. In der Bevölkerung hat sich allerdings der gewünschte Effekt eingestellt: die Angst vor Terroranschlägen und die Zustimmung zu den von der kanadischen Regierung erlassenen, erweiterten Befugnisse für die Sicherheitsbehörden im "Kampf gegen den Terror".






Überall die selbe Leier. Und als wäre es abgesprochen, tauchen nun "Geständnisse" einzelner Beschuldigter auf, nicht nur in Kanada, auch in Deutschland erwartet man gespannt die Aussagen der "Sauerland-Bomber". Sie erinnern sich? Das waren die "Verdächtigen" mit den Verbindungen zum türkischen und deutschen Geheimdienst, die in einem Dorf auffällig unauffällig mit verdünntem Wasserstoffperoxid herumhantiert haben - just in dem Moment, in dem die Vertreter der Sicherheitsdienste und Behörden Stimmung machten für die neuen BKA-Gesetze, die Vorratsdatenspeicherung, die Abhörzentrale in Köln ("Competence Center TKÜ"), umfangreichere Datenaustauch-Abkommen mit den USA, die Online-Durchsuchung und die Befugnis zum heimlichen Betreten von Wohnungen zwecks Implantation von Videokameras, Wanzen und Keyloggern für Computer. Man darf gespannt sein, welche abenteuerlichen Geschichten einer desinformierten Öffentlichkeit noch präsentiert werden - und wann die Leute endlich realisieren, welche Märchen ihnen von der Presse - ganz im Dienst der Dienste - aufgetischt werden.

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